Zuletzt aktualisiert am 16. April 2022 um 16:03
Die Probleme beim Recycling von Kunststoff sind vielfältig. Das beginnt bereits beim Sammeln in den Haushalten, geht über das Recycling selbst und endet bei der Wiederverwendung.
Inhalt
Sammeln von Kunststoffen
Zuerst ein paar interessante Zahlen
Äußerst interessante Statistiken zu Plastik-Verbrauch und Recycling findest du unter anderem auf den Seiten des europäischen Parlaments: Plastikmüll und Recycling in der EU: Zahlen und Fakten.
So wird Stand 2015 in der EU weniger als ein Drittel der Kunststoffabfälle recycelt. Ca. 40 Prozent werden verbrannt. „Energetisch verwertet“ heißt das offiziell sehr gerne – weil das klingt einfach besser. Der Rest, also knapp 30 %, landet auf der Mülldeponie.
Dazu kommt noch, dass die Hälfte des für Recycling gesammelten Plastiks in Länder außerhalb der EU exportiert wird. Bis vor kurzem zum Großteil nach China, welches nun aber ein Einfuhrverbot für Kunststoffabfälle verhängt hat.
Recycling-Weltmeister?
Deutsche und Österreicher sind Recycling-Weltmeister. Das wird zumindest sehr gerne behauptet. Der Verbraucher beruhigt damit sein Gewissen, weil dann wäre es ja gar nicht so schlimm, wenn (zu) viel Plastik-Verpackung anfällt.
Aber von wegen Weltmeister! Nicht einmal Europameister! Eher schwaches Mittelfeld (Deutschland, 40-50 %) bzw. gar eines der Schlusslichter (Österreich, 30-40 %) innerhalb Europas können wir uns an die Fahnen heften! Überdurchschnittlich sind wir nur bei der durchschnittlichen Menge an Plastik-Abfällen pro Person – ca. 35 kg pro Jahr. Und das nur für Verpackungsmüll alleine!
Laut einem Artikel in der Presse vom 4. November 2019 ist es sogar noch schlimmer, da kommt Österreich laut neuer EU-Berechnung gar nur noch auf 22,5%. (Quelle: Österreich muss beim Kunststoff-Recycling richtig aufholen | Die Presse)
Zum Kunststoff für Verpackungen kommt noch Kunststoff in vielen anderen Bereichen – siehe anschließende Tabelle für Österreich – hinzu.
Tipps zum Recycling von Kunststoff
Damit Kunststoff effizient wiederverwertet werden kann, muss er möglichst sortenrein gesammelt werden. Die Sortieranlagen arbeiten nur dann einwandfrei, wenn der Müll also zuvor auch richtig getrennt wurde.
Achtung: die Vorschriften, was wie getrennt werden muss, sind pro Land unterschiedlich! Schlimmer noch. Da in Österreich die Gemeinden für die Sammlung von Verpackungen und Wertstoffen verantwortlich sind, teilweise auch noch je Gemeinde. Erkundige dich also in deiner Gemeinde, was du wie sammeln und trennen sollst.
Joghurtbecher und ähnliches müssen nicht ausgewaschen werden! Der Kunststoffmüll wird vor der Aufbereitung ohnehin gewaschen. Somit stellt das Auswaschen eine sinnlose Verschwendung von Wasser dar. Das gilt übrigens auch für Altglas oder Milchpackerl.
Ist der Joghurtbecher mit Karton umhüllt, so sollte dieser entfernt werden. Tipp: viele Joghurtbecher vereinfachen das, indem sie eine Perforation aufweisen, an der man den Karton einfach abreißen kann.
Probleme beim Recycling von Kunststoff
Für Recycling gesammeltes Plastik bedeutet noch lange nicht, dass es innerhalb Europas auch wirklich recycelt wird. Eines der Hauptprobleme beim Recycling ist die für die Industrie oft zu schlechte Qualität. Das liegt an der Vielfalt der eingesetzten Kunststoff-Sorten, die den Recyclingprozess (sortieren und aufbereiten) zusätzlich massiv erschweren.
Vor allem Mischkunststoffe bereiten dabei große Probleme (Details: Kunststoff-Mix: Probleme fürs Plastik-Recycling | BR.de).
Wie komplex der Umgang mit Kunststoff-Abfällen wirklich ist, kannst du abschätzen, wenn du dir das ca. 120-seitige Dokument Kunststoffabfälle in Österreich – Aufkommen und Behandlung (PDF) zu Gemüte führst. So wurden 2015 nicht weniger als 133 (!) kunststoffhaltige Abfallarten gesammelt.
Natürliche Kunststoffe – die Lösung aller Probleme?
Während der ABCstar, einer österreichischen Blogger-Konferenz, bin ich auf einen Mann gestoßen, der sich einer völlig anderen Art von Kunststoffen widmet. Kunststoffen aus nachwachsenden Materialien, die sich kompostieren lassen. Diese bestehen zum Beispiel aus Kartoffeln, Mais oder Getreide.
Gehört habe ich davon ja schon einmal. Nämlich in einer Dokumentation im TV, in der es darum ging, dass solche kompostierbaren Kunststoffe, wie sie auch genannt werden, nicht in den Kompost geworfen werden dürfen, weil sie angeblich zu lange zur Kompostierung benötigen würden und somit den Kompost unbrauchbar machen könnten. Ist das wirklich so?
Achtung Begriffsverwirrung!
Biokunststoffe sind biobasiert, biologisch abbaubar oder beides zugleich. Oder anders formuliert: nicht jeder Biokunststoff ist am Ende auch kompostierbar.
„Echte“ natürliche Kunststoffe dürfen nicht mit Bio-Kunststoffen verwechselt werden! Natürliche Kunststoffe sind vollständig kompostierbar und bestehen auch zu 100 % aus verrottbarem Rohstoff. Wenn du Details dazu wissen willst, kannst du das hier nachlesen: Was sind Biokunststoffe? | kunststoffe.de
Natur-Kunststoffe auf den Kompost oder nicht?
Natur-Kunststoffe brauchen länger zum Kompostieren, als der restliche Kompost. Und das kann dann Probleme bei der Weiterverarbeitung machen. Nach einer DIN-Norm müssen innerhalb von 90 Tagen 90 % des Natur-Kunststoffes kompostiert sein. Die restlichen 10 % können dann sehr viel länger dauern.
Es gibt allerdings natürliche Kunststoffe, die in einer Kompost-Anlage schon nach 3-5 Tagen diese Norm erfüllen (Quelle: Verrottung | naku.at). Außerhalb einer Kompost-Anlage dauert die Verrottung aber sehr viel länger. Je nach Witterung bis zu einem Jahr. Man sollte diese Sackerl also trotz ihrer Eigenschaften nicht einfach in die Landschaft werfen!
Es ist leider auch Tatsache, dass viele Menschen ihren Kompost samt Plastik-Sackerl (Tüte – für meine deutschen Leser) in den Biomüll werfen. Und damit kommt einiges an nicht abbaubarem Plastik in die Erde und wird so in Form von Mikroplastik dann in Gärten und auf Felder verteilt. Aus dieser Sicht ist dann das Sackerl aus Natur-Kunststoffen in jedem Fall die bessere Lösung. Zumal die „NaKu“ Sackerl keine Weichmacher enthalten und damit auch keine schädlichen Stoffe in die Umwelt gelangen.
Natur-Kunststoffe zum Altplastik?
Natürliche Kunststoffe können auch dem Recycling zugeführt werden. Recycling ist also auch mit natürlichen Kunststoffen möglich.
Laut Naku (Quelle: Recycling | naku.at) sind aber aktuell (Stand 2019) die Mengen noch zu gering, um einen sinnvollen Recycling-Kreislauf in Gang setzen zu können. Leere Sackerl aus Natur-Kunststoff können aber trotzdem in den Altplastik-Container geworfen werden. Diese werden dann mit dem anderen Kunststoff verbrannt.
Und? Sind Natur-Kunststoffe nun eine Lösung oder nicht?
Natürlich können Natur-Kunststoffe, wie jener von NaKu nicht all unsere Probleme in Zusammenhang mit Kunststoff in der Verpackungsindustrie lösen. Aber sie können sehr wohl einen maßgeblichen Beitrag dazu leisten, unsere Umwelt zu entlasten.
Was aber natürlich auch für Natur-Kunststoffe gilt: Verpackungsvermeidung ist immer noch die beste Lösung. Danach kommt die Mehrfachverwendung. Grund: die Herstellung und auch der Recycling-Kreislauf benötigen Energie und belasten damit unsere Umwelt.
Für „echte“ Natur-Kunststoffe (also jene, die 100 % kompostierbar sind) gilt aber: wenn sie weggeworfen werden, bleibt am Ende kein schädliches Mikroplastik übrig! Und damit ist uns und der Umwelt schon sehr viel geholfen!
Einen sehr guten Artikel zu Plastik-Alternativen findest du auch bei Christoph von CareElite: 7 Plastik-Alternativen aus der Forschung im Überblick.
Toller Beitrag! Prinzipiell ist wichtig Plastik zu vermeiden was geht. Es gibt hier interessante Bücher, wie und wo man Plastik einsparen kann. Vielleicht noch erwähnenswert: PET Flaschen sind eher das hochwertige Plastik für das Recycling. Diese sollten wirklich getrennt gesammelt und im Recyclinghof abgegeben werden. Im Recyclingverfahren wird Plastikgranulat hergestellt, dieses dann vermutlich wieder verschmolzen und zur Herstellung weiterer Plastikprodukte verwendet wird. Ich persönlich hätte gerne für den Betriebsmitteleinkauf in der Firma, in der ich arbeite, eine solche Lösung gesucht (LDPE Plastikbeutel gebraucht als Verpackungsmaterial). Leider hat sich hier noch nicht wirklich was ergeben – würde mich interessieren wie weit hier Österreich in der Entwicklung schon ist?! Welche Firmen produzieren in Österreich bereits aus Plastikgranulat (aus Recyclingmaterial) wieder neue Plastikprodukte?
Servus Marion!
Vielen Dank für deine ausführliche Rückmeldung!
Dieser Artikel war sicher nur ein erster Einstieg in die Kunststoff-Problematik, da wird noch der ein oder andere folgen.
Interessant finde ich zum Beispiel deine Frage, wo es in Österreich Firmen gibt, die mit Kunststoff-Granulat arbeiten bzw. dieses erzeugen. Kommt auf meine Artikel-Liste :-) .
Was ich auf jeden Fall weiter verfolgen will, ist NaKu, die mit ihrem Natur-Kunststoff für mich eine super Alternative zum herkömmlichen Kunststoff darstellen.
Liebe Grüße
Horst