„Du willst mit dem Zug nach Schottland in den Urlaub fahren? Das ist doch Stress pur, da würde ich auf jeden Fall fliegen!“

Tja, nachdem ich mir aber selber auferlegt habe, dass ich nicht mehr fliege, muss ich wohl mit dem Zug fahren. Meine Frau auch. Mitgefangen, mitgehangen 😉. Und ja, ich muss zugeben – je näher der Termin rückte, desto nervöser wurde ich. Stichwort: Deutsche Bahn 🙈.

Wie es uns ergangen ist, was ich beim nächsten Mal anders machen würde und wie stressig es dann teilweise wirklich war.

Der Plan

Urlaub in Schottland

Schottland wollte ich schon lange bereisen. Als Fan des Nordens (ich war schon mehrmals in Norwegen) hat mich auch Schottland schon immer gereizt. Eine atemberaubende Landschaft mit den schottischen Highlands, zahllosen Inseln und herrlichen Küstenabschnitten und Stränden, Burgen und Schlössern, der genialen Hauptstadt Edinburgh (Edin-Bra ausgesprochen) und nicht zuletzt dem Whisky. Wobei letzterer für mich absolut kein Thema ist, weil ich in meiner Jugend damit einmal gaaaanz schlechte Erfahrungen gemacht habe. Aber das ist eine völlig andere Geschichte.

Anreise und fortbewegen im Land

Es sollte also mit dem Zug nach Schottland gehen und idealerweise sollten wir auch im Land nur mit Öffis, also Zug und Bus unterwegs sein. Ist so etwas machbar, ohne sich zu sehr einschränken zu müssen und zu viel Zeit mit „Herumfahrerei“ zu verlieren?

Kommt man (fast) überall hin? Welche Zugverbindungen gibt es innerhalb Schottlands und wie sieht es in abgelegenen Orten mit Busverbindungen aus? Als auf dem Land lebender Österreicher weiß ich, dass es im ländlichen Bereich oft recht mau aussieht, was Öffis anbelangt. Ist Schottland hier besser aufgestellt?

Die Planung

Anreise mit dem Zug von Salzburg nach Schottland

Schottland liegt ja bekanntlich auf einer Insel namens Großbritannien. Wie ohne Flugzeug auf eine Insel kommen? Naja, blöde Frage – es gibt Fähren und nach Schottland bzw. Großbritannien gibt es auch einen Tunnel unter dem Meer / Ärmelkanal. Und durch diesen Tunnel fährt auch ein Zug – der Eurostar. Passt doch alles super, also alles easy cheesy! Oder?

Spoiler: wäre da nicht die Deutsche Bahn, die jahrzehntelang kaputt gespart worden ist. Und bekanntlich muss man als Österreicher der Länge nach durch ganz Deutschland, wenn man mit dem Zug nach Schottland will. 🤷

Mit dem Zug nach Schottland - Zeitverlust? Uhr als Symbolbild.
Mit dem Zug nach Schottland – Zeitverlust?

Wer jetzt sagt: „Naja, selber schuld! Mit dem Flugzeug bist du in 2-3 Stunden in Edinburgh.“ hat grundsätzlich recht, vergisst dabei aber die Zeit, die man vorher am, Flughafen sein muss. Aber ja – mit dem Flugzeug ist man im konkreten Fall trotzdem deutlich schneller, als mit dem Zug. Dafür ist man alles andere als nachhaltig unterwegs (fliegen ist die schädlichste Art der Anreise) und wo bleibt da das Erlebnis des Reisens?

Mögliche Anreise:

  • Salzburg – München – Brüssel – London – Edinburgh oder
  • Salzburg – München – Paris – London – Edinburgh

Wir haben uns für die Route über Brüssel entschieden – mit einem Zwischenstopp / Übernachtung in London. Von dort sind es dann noch ca. 4 1/2 Stunden nach Edinburgh.

Geplant haben wir unsere Anreise mit Trainline. An sich wirklich eine sehr praktische App. Vor allem, wenn man noch nicht so recht weiß, welche Bahnunternehmen einen wo hinbringen. Aber es lauert dort auch eine Falle, in die ich flugs (zugs? 😜) hineingetappt war. Dazu gleich im „Praxisteil“ etwas mehr.

In Schottland unterwegs

Fraglich war zu Beginn schon auch, wie es denn innerhalb Schottlands mit den Öffis aussieht. Das Ziel war, wie eingangs schon erwähnt, auch in Schottland ohne Auto auszukommen. So haben wir unsere Planung auch gestartet, sind dann aber recht schnell draufgekommen, dass das schon alles sehr mühsam ist. Vor allem, wenn man noch nie in einem Land gewesen ist und so gar keine Ahnung der Öffis dort hat.

Unser Resümee: Man könnte viele Orte nicht besuchen, wenn es am Ende nicht in einen reinen Wanderurlaub ausarten sollte, weil in viele Orte einfach kein Bus hinfährt oder vieles zeitlich an einem Tag dann einfach nicht machbar wäre.

So haben wir dann nach einer schon eher mühsamen und zeitintensiven Planerei und Sucherei beschlossen, in Glasgow ein Leihauto zu nehmen. Man muss Kompromisse eingehen, auch wenn das Herz noch so grün schlägt. Und schon flutschte es wieder mit der Planung.

Danach haben wir jene Orte fixiert, die wir besuchen wollen und wie lange wir dort jeweils bleiben. Wir bevorzugen es, nicht jeden Tag woanders zu nächtigen. Es ist einfach entspannender, ein paar Tage wo zu bleiben und von dort dann quasi sternförmig die Umgebung zu erkunden.

Schottland mit Zug - Die Planung - Excel Sheet mit allen Daten
Schottland mit Zug – Die Planung

Die Praxis

Anreise mit dem Zug

Trainline – kleines Helferlein

Die vorgeschlagenen Verbindungen werden von Trainline so angelegt, dass man möglichst wenig Wartezeit bei den Umstiegen hat. Grundsätzlich ja eh super wäre da nicht – ja genau – die Deutsche Bahn!

Nein, ich will wirklich kein Bahn-Bashing betreiben, aber im Vergleich zu Österreich läuft es in Deutschland gerade wirklich nicht gut, was die Verlässlichkeit der Bahn angeht. Zusätzlich waren zur Zeit unserer geplanten Reise gerade Arbeiten an den Gleisen zwischen Salzburg und München im Gange. Da ich einen Monat zuvor nach München fuhr, wusste ich aus eigener Erfahrung, dass man da gerne einmal 30-45 Minuten Verspätung aufreißt.

Panik-Buchung

Tja, ich habe wie schon oben angeteasert blindlings die Vorschläge von Trainline übernommen und direkt gebucht. Was man hat, das hat man. Nur, um dann eine Woche vor Abreise für die Strecke Salzburg – München ein zusätzliches Ticket mit einer eine Stunde früheren Abfahrt zu kaufen. Ich wollte nicht, dass wir schon in München wissen, dass wir den Eurostar ab Brüssel nicht mehr erreichen können.

Der Spaß hat mich dann 103 € zusätzlich gekostet. Das sind allerdings 2 Personen, weil ich meiner Frau die An- und Abreise bezahlt habe. Quasi als „Entschädigung“, dass wir meinetwegen nicht fliegen.

Wie stressig war es dann wirklich?

Bis München klappte alles super, das Panik-Ticket hätte ich mir also wirklich sparen können. Doch dann kam alles in etwa so, wie befürchtet. Dank Deutsche Bahn war zumindest die Anreise doch irgendwie stressig.

ICE ab München - Zug im Bahnhof von München
ICE ab München

Grob zusammengefasst: einige Verspätungen unterwegs, aber das war alles noch egal. Außer, dass es mein bei Zug-Fernreisen doch eher noch unerfahrenes Gehirn ziemlich gestresst hat. Ständig habe ich hochgerechnet, ob das denn mit dem Anschluss noch klappen könnte. Ja, da muss ich noch viel ruhiger werden!

Dann der Zugausfall von Hamburg direkt nach Brüssel wegen eines Defekts. Jetzt wurde es wirklich etwas hektisch, denn die Ansagen waren alle etwas verwirrend und die Zeit für den Umstieg doch etwas kurz. Auf dem über die App angekündigten Gleis 19 stand auf jeden Fall definitiv kein Ersatzzug. Schnell zum Info-Schalter gehetzt, wo schon viele Leute gewartet haben. Nur um dann zu sehen, dass der Ersatzzug nach Köln nun auch auf der Überkopfanzeige angekündigt wurde – Gleis 5 statt 19.

Ersatzzug nach Brüssel - auf der Anschlagtafel - Köln statt Hamburg
Ersatzzug in Richtung Brüssel

Anfangs war für uns noch nicht klar, wie es in Köln dann weitergeht, aber der nervöse Horst begann sich vorübergehend wieder etwas zu beruhigen. Das werden die schon alles vernünftig organisieren, immerhin werden wir nicht die einzigen sein, die von Brüssel weiter nach London wollen!

Von langer Dauer war die Entspannung aber nicht. Ungeplanter Zwischenhalt des Ersatzzuges auf der Strecke nach Köln! Wegen einer Selbstmordankündigung auf dem Gleis. Nach kurzer Ungewissheit, ob der Anschlusszug nach Brüssel in Köln auch nach diesem Zwischenfall noch auf uns warten würde, kam endlich die Erlösung. Trotz Verspätung von etwa einer zusätzlichen halben Stunde haben wir es doch noch geschafft, rechtzeitig in den Check-In nach London zu kommen.

Was würde ich beim nächsten Schottland Trip anders machen?

Ganz klar: statt am 1. Tag bis nach London würde ich nur bis Brüssel fahren. Dann fällt der ganze Stress weg, den wir hauptsächlich deshalb hatten, weil wir um den Anschluss von Brüssel nach London gebangt hatten. Brexit sei Dank 😜 gibt es ja wieder Zoll-Kontrollen und man muss deshalb eine Stunde früher am Terminal sein. Die Konsequenzen wären fies gewesen. Hotel in Brüssel suchen, während die Unterkunft in London verfallen würde. Und eine kurzfristige Buchung des Eurostar wäre auch sauteuer gewesen (statt der 59 € Normalpreis bis zu 350 € für den ersten, wieder freien Platz).

Mit einer Übernachtung in Brüssel lässt sich dieser Stress gut abfangen. Egal, wie viel Verspätung die Deutsche Bahn auch immer aufreißen sollte – der Anschluss von Brüssel nach London einen Tag später ist dadurch nicht gefährdet.

Ich würde beim nächsten Mal auch besser aufpassen, was die Umstiegszeiten anbelangt, falls ich wieder über Trainline buchen sollte. Etwas mehr Luft dazwischen kann den Stress ebenfalls mindern. Eine halbe Stunde mehr Wartezeit ist mir wirklich egal. Kurzer Kaffee und weiter geht’s.

Zug von London nach Edinburgh, Schottland - Liner in Schottland
Zug von London nach Edinburgh

Die Zugfahrt von London nach Edinburgh war wieder spitze! In ca. 4 1/2 Stunden ist man dort.

Habe ich schon einmal erwähnt, dass ich Zugfahren ungemein genieße? Ah – ok. Egal, dann habe ich es eben noch einmal geschrieben. 😁

Was kostet die An- und Abreise mit dem Zug? Sauteuer, oder?

Ich war offen gesagt überrascht, wie günstig das war. Es herrscht ja das Vorurteil, dass Zugfahren unleistbar wäre und man auch alleine schon deshalb viel lieber fliegen würde.

Hier der Preis pro Person für die An- und Abreise mit dem Zug nach Schottland. In Klammer jeweils, wo ich die Buchung durchgeführt hatte:

  • Salzburg – Brüssel: 62,30 € (Trainline)
  • „Panik-Ticket“ Salzburg-München: 51,5 € (ÖBB)
  • Brüssel – London St. Pancras: 57 € (Trainline)
  • London – Edinburgh: 73 € (Trainline)
  • Glasgow – London: 70 € (Scotrail)
  • London – Brüssel: 72 € (Trainline)
  • Brüssel – Salzburg: 76,80 € (Trainline)

Die Anreise hat also inklusive „Panik-Ticket“ 243,80 € bis Edinburgh gekostet. Die Rückreise belief sich auf 218,80 €. Eine schnelle Recherche (rein interessehalber) über ein Flugportal hätte bei einer ähnlich frühen Buchung pro Person 280 € für den Hin- und Rückflug betragen. Das sind nur 120 € pro Person für An- und Abreise. Wenn man bedenkt, wie schnell man sonst 120 € ausgibt, dann ist das wirklich kein Drama!

Zusätzlich braucht es bei der Anreise mit dem Zug eine Übernachtung in London. Was noch einmal grob 60 € pro Person im DZ ausmacht.

Wieso ist die der Zug trotzdem cooler?

Neben dem mir sehr wichtigen Aspekt der Nachhaltigkeit ist es einfach das Erlebnis. Ich liebe es, während der Fahrt zu lesen, Musik zu hören oder einfach nur beim Fenster hinauszuschauen und die sich verändernde Landschaft zu beobachten. Das entspannt und macht den Kopf frei. Daneben hin und wieder etwas Small Talk mit Mitreisenden.

Und wer jetzt meint, dass die Übernachtung in London pure Verschwendung ist, dem oder der halte ich entgegen, dass es durchaus einen Mehrwert hat, am Abend in ein englisches Pub zu gehen.

2 kühle Glas Bier in einem Londoner Pub
Ein Bud in Ehren, kann niemand verwehren

Die Anreise ist einfach auch Teil des Reisens und gehört für mich zum Urlaub dazu!

Unterwegs in Schottland

Wie eingangs erwähnt, haben wir uns für ein Leihauto entschieden. Allerdings erst ab Glasgow, weil wir die ach so bekannte und scheinbar geniale Zugfahrt nach Inverness noch machen wollten. Was soll ich sagen. Shit happens. Bei der Hinfahrt ziemlich viel Nebel und die Fahrt zur Isle of Skye am nächsten Tag zuerst mit dem Zug zurück nach Glasgow und von dort wieder hoch, machte den Tag schon sehr lange.

Leihauto in Schottland
Unser Leihauto in Schottland

So lange, dass wie unsere Unterkunft kontaktieren mussten, dass wir erst sehr spät (gegen 23:00) ankommen würden und ob sie für uns den Schlüssel hinterlegen könnten.

Unsere Reiseziele – kurze Eindrücke in Bildern

Edinburgh

Edinburgh war unser erster, kleiner Zwischenhalt in Schottland. Was für eine klasse Stadt! Ich kann mir sehr gut vorstellen, Edinburgh noch einmal zu besuchen!

Schottland - Edinburgh Castle
Schottland – Edinburgh Castle
Edinburgh - Innenstadt - Fußgängerzone
Edinburgh – Innenstadt

Inverness

Wie oben schon angeteasert: das hätten wir uns sparen können! Nothing more to say.

Isle of Skye

Nach der Zugfahrt von Inverness nach Glasgow haben wir dort unser Leihauto abgeholt. Die Fahrt bis zu unserem Ziel am obersten Ende der Isle of Skye hat sich gezogen, aber die Landschaft und die Lichtstimmungen waren einfach spitze!

Berg über See mit geniale Wolkenstimmung in Schottland
Auf dem Weg von Glasgow zu unserer Unterkunft

Unser erster längerer Zwischenhalt. Shulista Croft Wigwams – was für ein genialer Ort 😍, welche geniale Unterkunft und welch sympathische Gastgeber! Da hat wirklich alles gestimmt. Zusätzlich noch das Glück, Nordlichter bestaunen zu können.

Rubha Hunish - Isle of Skye, Schottland - an den Klippen
Rubha Hunish – Isle of Skye, Schottland
Polarlicht Isle of Skye - violett grünlicher Himmel über Wigwams
Polarlicht – Isle of Skye
Quiraing - Isle of Skye - Schottland - Felsformation
Quiraing
Isle of Skye, Schottland - Feldformation
Old man of Storr

Fort William

Auf dem Weg nach Fort William mussten wir da fast hin. Das Eilean Donan Castle – bekannt unter anderem durch den Kultfilm Highlander.

Berühmtes Schloss Eilean Donan Castle, Schottland
Eilean Donan Castle

Wir waren etwas außerhalb in einer Mini-Unterkunft. Muss man mögen – Genuss geht aber anders. Highlight am ehesten die Bootsfahrt zu den Robben, die aber durchaus auch ihre Längen hatte. Fort William und der Hafen sind durchaus sehenswert.

Robben auf einer kleinen Insel
Robben
Glennfinnan Viaduct - Harry Potter Bridge, Schottland - Eisenbahnviadukt vor dunklen Wolken
Glennfinnan Viaduct – Harry Potter Bridge

Oban

Für Oban haben wir uns schon Zuhause auferlegt, das Auto 6 Tage stehen zu lassen und alles mit Öffis zu machen. Das klappte auch super und wir empfanden es dort auch nicht als Einschränkung, dem Auto den Rücken zu kehren. Einfach mehr zu Fuß machen, mit Fußgängerfähre und Boot auf die nahegelegenen Inseln Kererra und Lismore – es war genial! 🥰

Unterwegs auf Kerrera, einer der Inseln vor Oban
Kerrera, eine der Inseln vor Oban
Oban, Insel Lismore - Schottland - Haus an der Küste
Lismore, noch eine 😁
Oban, Hafen-Stadt in Schottland, Blick vom Stadtberg
Oban Hafen
Oban Hafen - Stinker. Zu viele Schiffe im Hafen.
Oban Hafen – Stinker

Was an Oban ganz und gar nicht genial ist: viel zu viele Schiffe im Hafen! Ja, eh – ist ein Hafen. Aber wenn teilweise 3 große Touristenschiffe im Hafen liegen und ein Fischerboot 2 Stunden durchgehend den Motor laufen lässt, ist das halt Mist. Einmal sind wir trotz besten Wetters ins innere des Hafenlokales geflüchtet, weil der Diesel-Gestank für uns einfach unterträglich war.

Resümee

Schottland ist definitiv eine Reise wert! Und ja – man kann auch sehr gut mit dem Zug nach Schottland reisen!

In Schottland selbst sollte man aber zumindest teilweise ein Leihauto nehmen, weil man sonst schon zu sehr eingeschränkt ist, wenn man bestimmte Ziele unbedingt ansteuern will. Wobei ich bei einem etwaigen 2. Urlaub in Schottland schon auch ohne Leihauto das Auslangen finden könnte, weil ich einige „Muss-Schottland-Ziele“ ja schon besucht habe 😁.