Zuletzt aktualisiert am 26. November 2020 um 16:04

Es passiert mir sehr oft, dass ich gefragt werde, mit welcher Kamera ich meine Fotos denn machen würde, denn ich würde wirklich „geile Fotos“ machen.  Meine eher emotionale und kurze Antwort kannst du in diesem Beitrag ebenso lesen, wie eine etwas ausführlichere Antwort, die dich bei der Auswahl einer geeigneten Kamera unterstützen soll. Und ein paar Tipps wie du generell zu besseren Bildern kommen kannst, ohne gleich eine neue Kamera kaufen zu müssen.

Kurze Antwort

„Nicht die Kamera, sondern die Person hinter der Kamera macht die guten Bilder!“.

Natürlich macht auch die Kamera etwas aus, aber wenn jemand die Grundlagen der Fotografie nicht kennt, kein Händchen bei Motivwahl und Bildkomposition hat oder die Stärken und Schwächen seines Gerätes nicht kennt, wird bestenfalls hin und wieder einen Zufallstreffer landen.

Deshalb wird die Frage, mit welcher Kamera man denn diese krassen Bilder gemacht hat, für jemanden, der sein Fotohobby ernst nimmt, eher als Beleidigung als als Lob wahrgenommen.

Grundlagen der Fotografie

Wenn man die Grundlagen der Fotografie nicht kennt, werden viele Bilder einfach nicht gut werden.

Klar, wer nur mit dem Smartphone den ein oder anderen Schnappschuss oder das ein oder andere Erinnerungsfoto machen will, muss so manche fotografischen Grundlagen nicht kennen. Begriffe wie Schärfentiefe, Blendenpriorität und Brennweite spielen dabei kaum eine Rolle, weil man diese hier auch nur in sehr geringem Umfang oder gar nicht beeinflussen kann.

Wenn man aber weiß, welche Probleme man bei Gegenlicht bekommen kann oder wie die Kamera zur korrekten Belichtung kommt, kann man entsprechend korrigierend eingreifen. Das gilt auch für Smartphones. Ein simpler Ortswechsel bei Gegenlicht oder eine gezielte Überbelichtung bei Winterbildern, kann so zu besseren Bildern führen. Bei Winterbildern mit viel weiß (Schnee) muss man überbelichten – auch wenn der Schnee noch so weiß ist und man intuitiv eher befürchtet, dass die Bilder zu hell werden könnten. Die Kamera geht bei einem Motiv nämlich immer von einem mittlerem grau aus und so wird sie Schneebilder immer eher unterbelichten – also zu grau darstellen.

Grundlagen der Fotografie füllen ganze Bücher. Wenn du dich in dem Bereich schlau machen willst, solltest du jetzt entweder Google anwerfen, dir ein Buch besorgen oder zum Beispiel der Fotoschule der Foto-Community einen Besuch abstatten.

Motivauswahl und Bildkomposition

Das Stanzen von Rechtecken in die Landschaft will geübt sein. Einfach drauflos knipsen kann jeder, sofern er den Auslöser findet. Wenn am Ende aber jemand sagen soll: „Wow, mit welcher Kamera hast du denn dieses Bild gemacht? Saustark!“ – dann solltest du vor dem drücken des Auslösers kurz in dich gehen.

Was heißt das? Ich für mich persönlich frage mich beim Blick in eine Landschaft immer, was genau es ist, was mich daran so fasziniert. Ist es der Himmel, der sich gerade durch schöne Farben oder geniale Wolken besonders ins Zeug legt? Ist es die Spiegelung im See? Sind es die Berggipfel, die eine ganz besondere Form haben oder gerade in besonders schönem Licht erstrahlen? Ist es eine Kombination von allem oder ist es vielleicht doch nur das Pärchen, welches eng umschlungen auf einer Bank am See sitzt? Und auch wichtig: was will ich mit dem Bild überhaupt aussagen?

Diese Frage wird vermutlich jeder ein wenig anders für sich beantworten. Sogar derselbe Fotograf wird diese Frage je nach eigener Gemütslage nicht an jedem Tag gleich beantworten. Fotografieren heißt für mich, die Stimmung des Augenblicks einzufangen. Und idealerweise kann der spätere Betrachter diese Stimmung dann nachvollziehen und es ihm die Frage nach der Kamera entlocken.

Zwei grundlegende Regeln der Bildkomposition

Im Rahmen der Bildkomposition gibt es grundlegende Regeln, die man (nahezu) unabhängig vom Motiv kennen sollte. So zum Beispiel die Drittelregel. Wenn du die Drittelregel bisher nicht kanntest, dann wirst du ab sofort bessere Bilder schießen, wenn du diese befolgst! Grob gesagt teilst du das Bild waagrecht und senkrecht in drei Teile ein und versuchst, jene Elemente, auf die es ankommt, auf einem der Schnittpunkte der Drittellinien auszurichten. Und von der Gesamtaufteilung kannst du dich ebenfalls an diese Drittelteilung halten, wie z.B. ein Drittel Himmel.

Eine weitere Regel ist, dass man wenn möglich diagonal verlaufende Elemente ins Bild bringen sollte. Solche Diagonale führen das Auge das Betrachters. So kann man zum Beispiel einen Bachlauf diagonal von links unten nach rechts oben verlaufen lassen.

Diagonale im Bild
Diagonale im Bild

Erst wenn du diese Regeln gut kennst und damit deine praktischen Erfahrungen gesammelt hast, kannst du diese Regeln brechen und ganz bewusst darauf verzichten. Wie zum Beispiel Bildelemente absichtlich in die Mitte eines Bildes zu setzen.

Einstellungen an der Kamera

Kameras bieten häufig auch sogenannte Bildstile an. Dabei werden bestimmte Einstellungen automatisch vorgenommen, wie zum Beispiel eine Verstärkung der Farben oder eine Erhöhung des Kontrastes.

Ich empfehle, eine möglichst neutrale Einstellung zu verwenden, also wenn möglich auf Bildstile komplett zu verzichten. Grund: bei der Anwendung von Bildstilen wird das Bild bereits in der Kamera verarbeitet und das veränderte Bild gespeichert. Mit Verlusten, da das JPG Format kein verlustfreies Format ist.

Manche Smartphone Kamera Apps bieten Einstellungen, dass neben dem verarbeiteten Bild auch das unveränderte Original mit gespeichert wird. Ein guter Kompromiss! Wer eine höherwertige Kamera sein eigen nennt – hier empfiehlt sich, das Bild neben dem JPG Format auch im verlustfreien RAW Format zu speichern.

Nachbearbeitung / Bildbearbeitung

Ich bearbeite jedes meiner Bilder in meiner bevorzugten Bildbearbeitungssoftware (Corel Paintshop Pro, günstig und gut) nach. Nur sehr selten beschneide ich meine Bilder im Nachhinein, weil ich bereits beim Fotografieren darauf achte, belanglose und störende Elemente erst gar nicht auf das Bild zu bekommen. Manchmal fällt mir aber erst am PC auf, dass ein Bild ganz besondere Einzelelemente enthält, die es Wert sind, diese in einem eigenen Bild zu präsentieren.

Was ich in der Regel immer mache: schärfen und den Kontrast erhöhen. An der Farbe schraube ich fast nie, weil ich für mich den Anspruch habe, die Bilder möglichst so zu präsentieren, wie ich sie vom Ort des Geschehens im Kopf habe. Auch wenn mich sehr farbenfrohe Bilder irgendwie auch faszinieren. Hierzu ein Beispiel.

Ramsau, Dachstein – Farbsättigung erhöht
Ramsau, Dachstein - Farbe ohne Nachbearbeitung
Ramsau, Dachstein – Farbe ohne Nachbearbeitung

Was man in der Bildbearbeitung auch gut korrigieren kann, ist das Aufhellen zu grau geratener Winterbilder.

Fotos mit Smartphone / Handy

Auch mit dem Handy kann man mittlerweile recht gute Bilder machen. Notfalls. Von der Qualität haben Handys aber Null Chance gegen Spiegelreflexkamera & Co. Die Optik ist einfach zu schwach. Spätestens der direkte Vergleich wird dich auf den Boden der Realität zurückholen. Für Erinnerungen sind Handybilder mittlerweile mehr als ausreichend – aber auch nicht mehr.

Hilfreich kann sein, sich verschiedene Apps anzusehen. Die Standard Apps eines Smartphones  sind für absolute Laien ausgelegt. Wenn du das letzte aus deinem Handy herausholen willst, solltest du dir für Android z.B. eine App wie OpenCamera ansehen. Hier kannst du schon sehr viel mehr einstellen und damit bessere Ergebnisse erreichen.

Spätestens dann, wenn du bewusst mit Schärfentiefe spielen oder schöne Nachtaufnahmen haben willst, ist mit dem Smartphone aber auf jeden Fall Ende Gelände.

Spiegelreflex oder Kompaktkamera?

Ich habe jahrelang mit (guten) Kompaktkameras fotografiert und war mit den Ergebnissen schon sehr zufrieden. Bis ich auf ein Sonderangebot gestoßen bin und völlig spontan aus dem Bauch heraus (okay, gelogen – den Wunsch hatte ich schon länger) mir ein Spiegelreflex-Kit mit 2 Objektiven zugelegt habe.

Das coole an meiner alten kompakten war der 20-fach Zoom – ganz ohne Objektivwechsel. Die Kamera selbst war schon relativ groß (es war eine Canon PowerShot SX1 IS), aber dass man nicht mit Objektiven hantieren musste, war schon auch ein Vorteil. Insbesondere beim Wandern zu Zweit, wenn der Partner selbst kein Fotografie-Begeisterter war.

Mittlerweile bin ich meine Spiegelreflex gewohnt und das Wechseln der Objektive ist nun kein Drama mehr, wenn auch trotzdem etwas umständlicher im Vergleich zur Kompakten. Aber ich möchte sie wirklich nicht mehr missen. Insbesondere das Spiel mit der Schärfentiefe und Nachtaufnahmen gelingen damit einfach noch viel  besser.

Blick nach Salzburg kurz vor Sonnenaufgang
Nachtaufnahme: Blick nach Salzburg kurz vor Sonnenaufgang
Spiel mit der Schärfentiefe
Spiel mit der Schärfentiefe

Eigene Kamera kennenlernen

Was auch sehr viel zum Gelingen guter Bilder beiträgt: seine eigene Kamera und ihre Grenzen sowie Stärken zu kennen! Wer um 6 Uhr Früh bei -17 Grad die Gaisberg Panoramastraße hochfährt, um mit seinem Smartphone so ein Bild wie oben zu schießen, der wird kläglich scheitern und sich umsonst einen abfrieren. Nicht, weil er ein schlechter Fotograf wäre. In dem Fall wirklich, weil er einfach nicht das passende Gerät dabei hat.

Zu meiner Spiegelreflex gibt es ein eigenes Buch zur Handhabung und zum praktischen Einsatz. Wer eine Spiegelreflex sein eigen nennt und das Letzte aus ihr herausholen will, dem kann ich nur ans Herz legen, sich ein entsprechendes Buch zuzulegen. Die Bedienungsanleitungen enthalten  in der Regel nur eine Beschreibung, wie man was umstellen kann, aber eben nicht, in welcher Situation man welche Einstellung am besten verwenden sollte.

Also bevor du dir eine neue Kamera kaufst, sehe dir deine aktuelle noch einmal genauer an! Meine persönliche Erfahrung zeigt, dass man oft nur einen Bruchteil dessen verwendet, was die Kamera kann.

Filter

Für meine Landschaftsaufnahmen verwende ich so gut wie immer einen zirkularen Polfilter. Ich bin einfach ein Fan von sattblauem Himmel. Zudem kann man auch sehr gut die Spiegelungen in einem See (oder auch einer Schaufensterscheibe) beeinflussen.

Graufilter verwende ich sehr selten. Aber wenn man z.B. einen Wasserfall oder ein Gewässer „fließend“ darstellen will oder die Dynamik des Himmels (bewegte Wolken) aufs Bild bringen will, so muss man unter Tags in der Regel zum Graufilter greifen, um eine ausreichend lange Belichtungszeit zu erlangen.

Fazit

Ja, auch die Ausrüstung macht sehr viel aus, um dem Betrachter ein „Wow“ zu entlocken. Aber das ist eben nicht alles! Der Mann oder die Frau hinter der Kamera sind mindestens genauso wichtig. Wenn nicht sogar wichtiger. Oder würde dir ein Bild gefallen, welches „mein Auto neben einen Mülltonne bei Gegenlicht mit dahinter liegenden Bergen“ darstellt? Eben!

Ein gutes Werkzeug macht noch keinen guten Handwerker, aber selbst der beste Handwerker kann mit schlechtem Werkzeug keine Wunder vollbringen.

P.S.: Eine sehr gute Übersicht über die Arten von Kameras sowie Hilfen zur Kaufentscheidung findest du in einem sehr ausführlichen Artikel von Michael Mantke: „Welche Digitalkamera ist die richtige? (M)ein großer Kamera Vergleich!