Zuletzt aktualisiert am 6. Mai 2022 um 8:27

Im wahrsten Sinne des Wortes Eiskalt erwischt hat es mich am Gaisberg bei der Aufnahme von Untersberg und Watzmann im Morgenlicht. Ein Foto-Ausflug im Winter, der mir nahezu die große Zeh gekostet hat. Zieh‘ dich warm an und begleite mich bei meiner ersten Foto-Story!

Früh aufstehen? Halb so wild im Winter!

Winternächte sind lang

Einen Vorteil hat der Winter ja: die Nacht ist lang! Und so muss man nicht allzu früh aufstehen, um den Sonnenaufgang ablichten zu können. Der Wecker holt mich kurz vor 6 Uhr mit sanften Metal-Klängen aus dem Schlaf. Da mein Schlaf sehr viel seichter ist als jener meiner Frau, kann ich mir solch‘ einen Weckton leisten. Andernfalls gebe es wohl bald Troubles.

„Ganz schön kalt bei uns im Schlafzimmer!“, war mein allererster Gedanke, da will man nicht wirklich gern aus der warmen Decke schlüpfen. Verwunderlich ja nicht, wir durchleben bei uns gerade ein heftige Kältephase. Satte Minus 17° Celsius zeigt das Außen-Thermometer. Da werden wir am Gaisberg ziemlich sicher den 20er reißen. Deshalb hüpft der Horst heute in seine äußerst selten übergestreifte Thermohose. Kann bestimmt nicht schaden an eher kühlen Tagen wie diesen!

Gute Vorbereitung ist alles

Meinen Foto-Rucksack habe ich in aller Ruhe schon gestern gepackt, um nur ja nichts zu vergessen und möglichst rasch und stressfrei losstarten zu können. Die mobile Stromversorgung und alle 4 Akkus der Kamera habe ich noch voll aufgeladen. Die mobile Stromversorgung wird der Objektiv-Heizung den nötigen Saft liefern. Winterjacke, Handschuhe und Kopfbedeckung brauche heute selbst ich, der sonst wirklich nicht dafür bekannt ist, dass er leicht friert.

Schneeschuhe und Stöcke habe ich schon gestern ins Auto geladen. Ich will am Gaisberg flexibel sein und quer über die tief verschneite Wiese marschieren können, um den perfekten Standpunkt aufsuchen zu können. Es hat nämlich einiges geschneit in den letzten Tagen und da sind Schneeschuhe dann schon spitze, wenn man nicht knietief und noch weiter im Schnee versinken will.

In einem eigenen Artikel gebe ich dir übrigens 5 hilfreiche Tipps zum Kauf von Schneeschuhen in die Hand!

Auffi auf den Gaisberg

Kurz nach 6 Uhr rein ins Auto. Obwohl es in der Garage steht, sind Lenkrad und Sitz eher auf der kälteren Seite. Zwanzig Minuten später stehe ich auf dem Gipfel des Gaisberges. Allein. Das erlebt man hier auch selten.

Beim Aussteigen knirscht der Schnee herrlich unter meinen Füßen. Wie ich dieses Geräusch liebe! Da wird mir trotz Kälte ganz warm ums Herz. Dichter Nebel entweicht beim Atmen aus meinem Mund. Auf den ersten Blick ist es stockdunkel. Nur Salzburgs Straßenbeleuchtung schickt mir etwas Licht aus dem Tal und der Sender des Gaisberges wirft sein rotes Licht in den noch dunklen Morgen.

Kofferraum auf, Schneeschuhe auf die Füße geschnallt, Fotorucksack und Stativ schultern. Den Gaisberg kenne ich wie meine Westentasche und nachdem sich meine Augen auf die Dunkelheit eingestellt haben, scheint die Umgebung doch nicht ganz so schwarz zu sein. Trotzdem schalte ich die Stirnlampe ein. Eine mit rotem Licht. Was ungemein praktisch ist, wenn man diese tanzenden gelben Flecken vor den Augen vermeiden will, wenn man das Licht wieder abdreht.

Auf zum Foto-Point

Und so stapfe ich – nein, ich gleite – über den Schnee zu meinem Fotopunkt. Grob ist mir der schon klar, bin ja schließlich nicht zum 1. Mal hier! Und so stehe ich schon nach ein paar Minuten an einem perfekten Ort mit Blick über Salzburg. Im Vordergrund auch noch den ein oder anderen Baum, des nicht wirklich alpinen Gipfels. Das braucht es für einen guten Bildaufbau, um die Tiefenwirkung der Szenerie zu erhöhen.

Ich stelle das Stativ auf, welches seine drei Beinchen tief in den Schnee gräbt. Schneeschuhe für ein Stativ wären wohl auch eine super Sache! Ich ziehe die Handschuhe aus. Schließlich will ich nicht riskieren, dass mir die Kamera oder das Objektiv aus den Händen gleiten, um sich ihrerseits dann voller Enthusiasmus tief in den Schnee zu vergraben.

Kamera auf das Stativ, Objektiv anschnallen. Ein kurzer, prüfender Blick durch den Sucher. Ja, die Position passt perfekt!

Objektivheizung (so eine flexible Manschette) ums Objektiv wickeln und die mobile Stromversorgung am Haken des Statives einhängen. Günstiger Weise hat die Stromversorgung eine Hülle samt Bändchen zum zuziehen, an dem sie sich nun sehr einfach einhängen lässt. USB-Kabel angesteckt und geprüft, ob die Heiz-Manschette auch warm wird. Sie tut es. Wunderbar!

Das erste Bild – tiefe Nacht

6 Uhr 40. Es ist noch stockdunkel. Die Sonne wird erst um 7:56 aufgehen. Ein paar Minuten habe ich noch für die tiefe Nacht.

Der Blick über das nächtliche und tief verschneite Salzburg ist schon ein Traum. Ein Traum in Weiß! Mit warmgelber Straßenbeleuchtung. Das soll auch gleich mein erstes Motiv sein. Schließlich bin ich nicht umsonst so früh hier herauf.  Mit Hilfe der Straßenbeleuchtung Salzburgs funktioniert sogar der Autofokus. Keine Selbstverständlichkeit bei wenig Licht.

Winterliches Salzburg bei Nacht

Das fertig ausgearbeitete Bild wirkt übrigens noch sehr viel heller, als es in Wirklichkeit vor Ort war. Zum Vergleich das Bild „Out of Cam“, also ganz ohne Nachbearbeitung. Durch die lange Belichtungszeit wirkt aber auch das schon recht hell. Eine Kamera sieht eben je nach Einstellung ganz anders, als das Auge!

Stadt im Winter bei Nacht
Salzburg bei Nacht vom Gaisberg aus. Daten: f/13.0, 15.0s Belichtungsdauer, 100 ISO, 24 mm Brennweite.

Am Berg weißt du natürlich nicht, ob das Bild auch wirklich so gut wird, als du erhoffst. Die Bildvorschau am eher kleinen Display kann da schon ziemlich täuschen und dir ein besseres Bild vorgaukeln, als es das am Ende dann ist. So schieße ich alle 2-3 Minuten ein weiteres Bild. Mit leicht veränderten Blenden und Belichtungswerten. Es geht mir bei solchen Foto-Sessions immer auch darum, etwas dazuzulernen. Und das tut man nur, wenn man ein wenig herumspielt. Außerdem will ich auf Nummer sicher gehen.

Zartes Rosa am Horizont

Langsam wird es heller

Eine halbe Stunde ist so schnell um und es beginnt langsam aber sicher merklich heller zu werden. Bis aber die ersten Sonnenstrahlen den Untersberg und den Watzmann erreichen werden, wird es noch ein wenig dauern. Eine knappe Stunde noch, dann wird die Sonne ihre ersten wärmenden Strahlen schicken. Hoffentlich. Ein paar Schleierwolken am Horizont könnten noch einen Strich durch die Rechnung machen.

Meine Zehen beginnen langsam etwas zu „nageln“. Nein, wirklich! Das soll jetzt keine Herumjammern sein.

Die Kälte beginnt an mir zu arbeiten

Witzigerweise die Finger gar nicht, obwohl ich die letzte halbe Stunde ohne Handschuhe die Kamera bedient habe. Da hilft ganz bestimmt die Objektivheizung, die die Kamera selbst auch ein wenig warm hält. Zumindest so warm, dass die Finger nicht dran „festkleben“ (Keine Ahnung, warum ich in dem Moment an den Film „Dumm und Dümmer!“ denken muss).

Ich beginne große Kreise um mein Stativ zu drehen, um die Beine etwas zu bewegen. Zusätzlich bewege ich die Zehen intensiv im Wanderschuh. Bei den Temperaturen helfen die besten Wandersocken nichts, da kühlen die Zehen im Laufe der Zeit einfach aus.

Abbrechen? Niemals!

Jetzt abbrechen ist selbstverständlich keine Option! Ich bin doch nicht blöd und fahre extra wegen des Sonnenaufganges hier herauf, um dann vorher wie so ein Duschgel-Anwärmer nach Hause zu fahren! Zumal heute ein geniale Fernsicht herrscht! Und wann hat man so etwas schon: frisch angeschneite Landschaft, schönes Wetter und eine glasklare Sicht.

Immer wieder beobachte ich voller Freude den Himmel. So ein genialer Morgen! In mir steigen echte Glücksgefühle hoch. Zuerst die tiefe Nacht mit den Lichtern über der Stadt, dann dieser dunkelblaue Himmel und nun das zarte Rosa, welches sich ganz langsam immer weiter vom Horizont aus ausbreitet. Es ist ein absoluter Hochgenuss!

Watzmann, Untersberg und Salzburg und Himmel in Zart-Rosa

Das entschädigt im Moment für alles und so tritt auch das langsam wirklich unangenehme Gefühl in den Zehen wieder in den Hintergrund.

Die Sonne kitzelt den Watzmann

Kurz darauf treffen die ersten Sonnenstrahlen den Watzmann. Neben dem Bild vom Watzmann (eines meiner Lieblingsbilder) entsteht auch das Titelbild dieses Artikels. Der Untersberg im Morgenlicht.

Watzmann vom Gaisberg aufgenommen
Watzmann vom Gaisberg aufgenommen

Ich knipse mir nahezu einen Wolf. Ändere die Belichtungszeiten. Wechsle das Objektiv für eine Nahaufnahme von Watzmann und Untersberg im Hintergrund. Mit einem etwas mulmigen Gefühl, ob mir durch den Wechsel nur ja nichts beschlägt. Aber wozu habe ich denn die Objektivheizung? Dank Manschette mit Klettverschluss, ist auch der Wechsel des Objektives kein Problem. Ohne Handschuhe.

Aber die Finger sind wirklich nicht mein Problem. Zumindest ist der Schmerz in den Zehen sehr viel dominanter. Und wie man weiß, konzentriert sich so ein Gehirn immer auf den schlimmsten Schmerz und ist sehr gut darin, die restlichen Beschwerden zu ignorieren.

Die Morgenstimmung aufsaugen

Ich lasse es mir auch nicht nehmen, noch ein wenig mit meinen Schneeschuhen samt Kamera-Equipment über den Hügel des Gaisberges zu stapfen, um weitere Stimmungen einzufangen. Es ist schon wirklich ein gewaltiges Naturschauspiel, was sich während eines Sonnenaufgangs im Winter auf einem Berg so alles abspielt. Vom tiefsten Dunkel der Nacht über die blaue Stunde, über zartrosa Lichtstimmungen bis zum warmroten Licht des Sonnenaufganges.

Wintertraum
Wintertraum

Das klingt jetzt wahrscheinlich kitschig, aber wenn du fast 3 Stunden hier heroben stehst und von der tiefen Nacht bis zum Sonnenschein am Gipfel das Geschehen jede Sekunde beobachtest, dann vergisst du alles, was dich im Alltag sonst so beschäftigt. Da lebst du in einer eigenen Welt.

Den Fokus ganz auf die Landschaft und die Gefühle, die diese in dir auslöst. Am liebsten würdest du ewig in diesem Zustand verharren. Geht aber nicht. Denn die Zeit und vor allem meine Zehen lassen das einfach nicht mehr zu.

Schmerzen zum Schreien!

Und so muss ich irgendwann auch wieder zurück. Der Schmerz in meinen Zehen macht langsam echt keinen Spaß mehr, da kann jetzt auch die langsam wärmende Sonne nichts mehr wett machen. Also auf zum Auto!

Kamera-Rucksack und Stativ in den Kofferraum. Schneeschuhe ausziehen. Shice meine Zehen! Der erste Tritt auf den Asphalt mit den Wanderschuhen ohne Schneeschuhe fühlt sich nicht anders an, als ob ich diese noch an hätte. Ich spüre rein gar nichts mehr in den Zehen. Außer einen stechenden Schmerz.

Während der Rückfahrt vom Gaisberg fangen meine angefrorenen Zehen dermaßen zu nageln an, dass ich am liebsten an den Straßenrand gefahren wäre und laut geschrien hätte. Kennst du das Gefühl langsam auftauender Zehen? Wenn der stechende Schmerz langsam in einen pochenden Schmerz im Rhythmus der Herzschläge übergeht? Das letzte Mal hatte ich so etwas in meiner Kindheit nach stundenlangem Schifahren. Da gab es Zuhause dann immer viele Tränen. Und ja, ich gebe es zu, am liebsten hätte ich jetzt auch einfach drauflos geheult.

Aber wie heißt es unter Fotografen? Wer schöne Bilder schießen will, muss leiden. Oder so ähnlich. Mein rechter großer Zeh ist übrigens selbst heute noch angeschlagen und ein wenig taub.