Zuletzt aktualisiert am 12. Februar 2021 um 9:45
Welche Ausrüstung braucht es, um die Milchstraße zu fotografieren?
Was für den Salzburger Radfahrer die Bezwingung der Gaisberg Panoramastraße ist, ist für einen Fotografen nicht selten der Wunsch, einmal im Leben die Milchstraße zu fotografieren. Aber welche Ausrüstung brauchst du zum ablichten der Milchstraße?
Ein wirklich gutes Bild der Milchstraße aus dem Himmel zu stanzen, ist gar nicht so einfach. Auf dem Weg zu meinem ersten Foto der Milchstraße kannst du mir anhand dieser Artikelreihe über die Schulter schauen. Von der Ausrüstung über die Planung bis zur Nachbearbeitung wird in dieser mehrteiligen Reihe am Ende alles zu lesen sein.
In diesem ersten Teil geht es um die Ausrüstung.
Inhalt
Faszination pur – die Milchstraße
Es ist schon eine Weile her, aber als ich zum ersten Mal eines dieser genialen Milchstraßenbilder gesehen habe, so ähnlich wie im Beitragsbild, blieb mir fast der Mund offen. Schon atemberaubend, diese Bilder! Damals hatte ich noch nicht die Ausrüstung, überhaupt daran zu denken, auch nur ein annähernd brauchbares Bild der Milchstraße selber zu schießen. Ganz davon zu schweigen, eines wie im Beitragsbild. Oder gar dieses zoombare 9 Gigapixel Bild :).
Irgendwann um 2005 legte ich mir eine etwas bessere Kompaktkamera (Canon Powershot S2) zu. Und so flammte das Bedürfnis, selber eines dieser faszinierenden Bilder zu schießen, erneut in mir auf. Das alles erschien mir aber bei etwas näherer Betrachtung dann doch gar nicht so einfach und so verstaubte das Vorhaben wieder in einer abgelegenen Ecke meines Gehirns. Zumal mir eine Kompaktkamera nach den ersten Recherchen im Internet dann doch nicht wirklich gut geeignet zu sein schien, denn in der Nacht haben diese bekanntlich generell ihre Schwächen.
Nachtaufnahmen wären mit dem Material undenkbar bzw. wäre die Qualität eher als unterirdisch denn als himmlisch zu bezeichnen gewesen.
Die richtige Kamera
Essentiell für ein wirklich gutes Bild der Milchstraße ist eine entsprechende Ausrüstung. Mit dem Kauf einer digitalen Spiegelreflexkamera (kurz DSLR für digital single lens reflex) im Februar 2014 (eine Canon EOS 700D mit 18 Megapixel und APS-C Sensor) rückte ich diesem Ziel wieder einen sehr großen Schritt näher. In einer lauen Sommernacht bei herrlichem Nachthimmel im Jahr 2016 wurde das verstaubte Vorhaben am Rande meiner Gehirnrinde reaktiviert. Ich will die Milchstraße fotografieren!
Und nach einer kurzen Recherche durfte ich mit Freude feststellen, dass man mit einer APS-C Kamera, wie ich eine besitze, durchaus gute Ergebnisse erzielen kann. Bisher wurde mir immer erzählt, dass man für so ein Vorhaben auf jeden Fall eine Vollformat Kamera brauchen würde. Denn nur mit einer (viel teureren) Vollformat-Kamera ist das Bildrauschen bei hohen ISO Zahlen erträglich. Weshalb man viel bessere Ergebnisse beim Fotografieren des Sternenhimmels erzielen kann. Also solche, bei denen sich beim Betrachten der Mund unbemerkt zu öffnen beginnt.
Wie auch immer. Ich war auf jeden Fall wieder angefixt. Wie der Radfahrer, der gerade mit dem Auto auf den Gipfel des Gaisberges nach oben gekommen ist und einen Radfahrkollegen mit einem glücklichen Grinsen im Gesicht am Berg stehen gesehen hat. Ob ich es mit meiner aktuellen Ausrüstung wirklich schaffen kann, ein gutes Bild zu schießen?
Vorbild
Lukas Schnider, ein Fotograf, den ich über Google+ kennengelernt habe, hat schon etwas Erfahrung mit dem Fotografieren des Sternenhimmels gesammelt. Mit einer Nikon D5100, einer Kamera mit APS-C Sensor, also grob vergleichbar mit meiner Canon EOS 700D. Und auch das Objektiv mit F3.5 Offenblende stimmt mit meinen Objektiven fast überein. Da will ich hin!
Im Bild ist die Milchstraße sehr schön erkennbar. Mit so einem Bild zum Start wäre ich schon recht zufrieden! Danke an Lukas für die Genehmigung, sein Bild hier verwenden zu dürfen!
Weitere Ausrüstung
Das Objektiv
Die Kamera allein reicht aber natürlich noch nicht aus, um gelungene Fotos der Milchstraße zu schießen. Es braucht noch ein möglichst lichtstarkes Objektiv. Die Nacht ist finster (es gibt allerdings „verschiedene Arten von finster“ – dazu mehr in einem späteren Artikel) und die Sterne leuchten mit einer eher geringen Lichtstärke. Lichtstarkes Objektiv heißt, dass man mit möglichst offener Blende fotografieren können soll. Offene Blende heißt kleine Blendenzahl wie z.B. F3.5 oder noch sehr viel besser F1.4.
Je größer die Blendenzahl, desto mehr wird abgeblendet. Das heißt, dass umso weniger Licht zum Sensor gelangt. Bei einer Verdopplung der Blende benötigt man die 4-fache Belichtungszeit – das Verhältnis ist also quadratisch. So muss man mit einer Blendenzahl von 5.6 vier mal länger belichten, als mit einer von 2.8, um die gleiche Lichtmenge auf den Sensor zu bekommen.
Meine Objektive
Ich hatte zum Zeitpunkt des Erstellens dieses Artikels zwei Objektive, die zur Aufnahme der Milchstraße Sinn ergeben hätten. Nicht berücksichtigt habe ich meine zwei Zoom Objektive (55-250 mm und 150-600 mm), denn damit könnte ich bestenfalls einen Ausschnitt der Milchstraße aufnehmen, was klar nicht Ziel dieses Artikels ist.
Hier meine zwei infrage kommenden Objektive:
- Canon EF-S 10-18mm 1:4.5-5.6
- Walimex Pro 8 mm 1:3,5 DSLR Fish-Eye II
In Bezug auf den Bildausschnitt wäre das Fischauge sicher zu bevorzugen, aber ob ich mit der Verzerrung glücklich werde? Ich weiß es (noch) nicht! Mit einer Offenblende von 3.5 zählte es auf jeden Fall zu meinen besseren Objektiven.
Aktuell fehlt mir noch einiges an Theorie und im Moment auch noch komplett die Praxis. Aber das wird sich sehr bald ändern!
Anmerkung: ein späterer Test hat gezeigt, dass die Verzerrung nicht unbedingt das Problem ist, sondern viel mehr die unzureichende Schärfe, die dieses Objektiv im Randbereich liefert.
Alle Objektive zu lichtschwach?
Nachdem ich mir meine Objektive und deren Eignung im Rahmen des Schreibens dieses Artikels näher angesehen hatte, wurde mir klar: große Sprünge mache ich damit vermutlich nicht. Ich will mehr erreichen! Und das geht nur mit einem noch besseren Objektiv. Mist! Soll ich? Preislich haut es einen wirklich vom Stuhl, vor allem wenn man sich lichtstarke Canon Original Objektive ansieht.
Drei Objektive, die sich von der Brennweite in etwa vergleichen lassen (Stand Februar 2021):
- Samyang 16 mm F2.0 – ca. 400 € (oha – was sehe ich da?)
- Canon 17-55 mm F2,8 – ca. 680 € (zu teuer, zu nahe an meinem 18-55 mm)
- Canon 14 mm F2,8/ L USM II – ca. 2.000 € (viel zu teuer, nicht mit mir)
Ich mache es kurz: die Bestellung für das Samyang 16 mm F2.0 ging noch vor meinen ersten Aufnahmen der Milchstraße raus. Für eine Offenblende von F2.0 war es 2017 mit 400 € fast schon als Geschenk zu bezeichnen.
- AUSDRUCKSSTARKE LANDSCHAFTSFOTOS LEICHT GEMACHT: Mit dem SAMYANG 16/2,0 Weitwinkel-Objektiv gelingen mühelos beeindruckende Landschaftsaufnahmen. Der 80° Bildwinkel und die Lichtstärke von 1:2,0 ermöglichen außergewöhnliche Resultate bei unterschiedlichen Lichtbedingungen.
- OPTISCHE BRILLANZ DANK DURCHDACHTER KONSTRUKTION: Die komplexe Anordnung von 13 mehrfach vergüteten Linsen, inklusive asphärischer und ED-Glas-Elemente, garantiert erstklassige Abbildungsqualität. Reflexionen sind minimal, Farbfehler und Aberrationen werden effektiv korrigiert.
- PRÄZISE KONTROLLE FÜR KREATIVE MEISTERWERKE: Die manuelle Fokussierung und Blendeneinstellung ermöglichen kreative Präzision. Die solide Metallfassung und abnehmbare Gegenlichtblende sorgen für herausragende Bildergebnisse. 77mm Filtergewinde bieten erweiterte Gestaltungsmöglichkeiten.
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Und wer macht sich nicht gerne Geschenke? Einziger Nachteil: es besitzt keinen Auto-Fokus. Laut Tests soll der manuelle Fokus dieses Objektives aber sehr gut zu bedienen sein. Und beim Fotografieren in der Nacht funktioniert der Autofokus in der Regel ohnehin nicht oder zumindest sehr schlecht.
So werde ich meine Bilder der Milchstraße mit diesem neuen Objektiv machen! Zu Testzwecken werde ich mit den anderen Objektiven auf jeden Fall auch Bilder schießen, um für mich die Unterschiede zu verdeutlichen.
Stativ und Fernauslöser
Weiters brauchen wir noch ein möglichst standfestes Stativ und einen Fernauslöser. Statt des Fernauslösers könnte man alternativ auch die Selbstauslösefunktion der Kamera verwenden. Diese ist aber nicht so gut geeignet, als der Fernauslöser. Zumindest nicht für den ungeduldigen Fotografen, denn zwei Sekunden sind zumeist zu gering, um die durch den Druck auf den Auslöser verursachten Vibrationen komplett zum Stillstand zu bringen. Und 10 Sekunden können schon verdammt lang erscheinen :).
Stirnlampe, Taschenlampe und Sternenkarte
Um nicht über die erstbeste Wurzel zu stolpern und die Bedienelemente deiner Kamera zu sehen (nicht jeder kann seine Kamera blind nur durch ertasten bedienen), ist eine Taschenlampe ratsam. Noch besser ist evtl. eine Stirnlampe, damit man beide Hände frei hat. Gut wäre eine Lampe mit rotem Licht, da dieses für die Augen in der Dunkelheit besser geeignet ist.
Wenn man vor Ort Himmelsobjekte lokalisieren will, so kann man das entweder anhand einer App (viele bieten auch einen Nachtmodus mit Rottönen an) oder einer Sternenkarte tun. Das ist Geschmackssache. Wer sich Zuhause vorbereiten will (was mehr als ratsam ist), kann das auch sehr gut mit Stellarium am PC tun. Dazu im nächsten Artikel mehr!
Sonstiges
Ersatzakkus nicht vergessen! Wäre blöd, wenn man bei perfektem Wetter mit herrlicher Sicht auf die Milchstraße plötzlich ohne Akku dasteht. Und wer leicht friert, sollte sich auch warme Kleidung mitnehmen. In der Nacht kann es ja recht kühl werden und wenn man dann länger vor der Kamera steht, kann das unangenehm werden. Gutes Schuhwerk kann auch nicht schaden, denn evtl. muss man über feuchtes Gras gehen, um einen guten Bildausschnitt zu erhalten. Ich bevorzuge Wanderschuhe, damit bleiben die Füße trocken.
Und dann war da noch die Heizmanschette, auch Objektivheizung, auf die ich während meiner weiteren Recherchen gestoßen bin. Da in der Nacht die Luft abkühlt und kalte Luft bekanntlich weniger Luftfeuchtigkeit aufnehmen kann, kann sich diese auch auf dem Objektiv niederschlagen. Dem kann man mit einer Objektivheizung entgegenwirken. Ich habe diese beim Astroshop gekauft. Samt Power Bank zur Stromversorgung.
Wie geht es weiter?
Es bleibt kompliziert oder alles gar nicht so schwierig, wenn man sich einmal näher damit beschäftigt. Im zweiten Teil geht es um die Lokalisierung der Milchstraße und um das Thema Belichtung.
Alle Artikel zum Thema Milchstraße fotografieren
- Die Ausrüstung (dieser Artikel)
- Milchstraße lokalisieren und Belichtung
- Lichtverschmutzung und idealer Aufnahmeort
- Bilder schießen und Nachbearbeitung, das beste aus den Bildern holen
- Nachbearbeitung Leitfaden
Testbilder
Im Rahmen dieser Artikelreihe entstehen auch immer wieder einmal Testbilder. Diese werde ich regelmäßig zeigen und über meine Erkenntnisse dazu schreiben.
- Erste Testbilder und Erkenntnisse
Unter anderem lokalisieren der Milchstraße, Lichtverschmutzung einschätzen, Kamera in der Dunkelheit bedienen, Sternspuren und Test 2er Objektive
Begleitest du mich auf meinem Weg zum ersten Bild der Milchstraße und willst am Ende selber eines schießen? Vielleicht hast du ja auch schon Erfahrungen gemacht und willst dazu etwas loswerden? Dann hinterlasse gerne einen Kommentar – ich freue mich darauf!
Ich bin auf der Suche nach ganz anderen Infos über deinen Artikel gestolpert. Er ist derart gut recherchiert, mit Hingabe geschrieben und informativ, dass ich dir hierfür einfach meine Hochachtung ausdrücken muss!
Sollte ich das Thema Astrofotografie selbst wieder einmal aufgreifen, weiß ich jetzt wo ich eine wunderbare Zusammenfassung und Sammlung wertvoller Links zu dem Thema finde.
Wünsche dir noch viel Erfolg und Spaß bei deinen nächsten Aufnahmen, der Start schaut schon vielversprechend aus!
Liebe Grüße
Thomas
Servus Thomas!
Vielen Dank für diesen wirklich sehr netten Kommentar!
Es freut mich sehr, dass dir der Artikel / die Artikelreihe so gut gefällt! Es ist ganz bestimmt jene Artikelreihe, in die ich mit Abstand am meisten Zeit investiert habe (meine eigenen, praktischen Versuche nicht eingerechnet) – umso schöner, wenn sie dann so gut ankommt.
Die nächsten Aufnahmen kommen bestimmt (habe meine Ausrüstung wieder etwas gepimpt ;-) ) – bin selber schon ganz gespannt.
Danke noch einmal und have fun
Horst
[…] auf diese Frage endlich eine Antwort zu finden und weil mich unter anderem die Artikelserie von Horst dazu angespornt hat, habe ich auch endlich einmal die Gelegenheit genutzt und mich zum ersten Mal […]
Hallo Horst!
Sehr guter Artikel! Mir fehlt nur die Beschreibung des Fokussierens. Weiters muss ich sagen, hochwertige Ausrüstung (viel Geld) macht um einiges bessere Bilder. Auf der anderen Seite ist es richtig, jeder muss für sich entscheiden, wieviel es einem wert ist. Toller Blog! Ich werde öfters vorbeischauen!
Servus Max!
Vielen Dank für dein Feedback – freut mich sehr! Thema Ausrüstung: ja, ist halt eine Preisfrage. Vollformat wäre schon cool, aber auch mit einer APS-C gelingen recht gute Ergebnisse.
Thema fokussieren: darauf gehe ich im vierten Teil näher ein, bei dem ich das Aufnehmen der Bilder und die Nachbearbeitung näher beschreibe. Dank deiner Hilfe braucht der Artikel im Bereich der Nachbearbeitung jetzt noch ein Update :-) .
Danke noch einmal für dein Feedback und deine Unterstützung an anderer Stelle!
Have fun
Horst
Super Artikel Idee! Da lese ich sehr gern mit. Steht nämlich auch schon lange auf meiner ToDo Liste! ;-)
Lg Michael
Servus Michael!
Freut mich, dass dir der Artikel / die Idee dazu gefällt. Vielleicht begleitest du mich ja auf meinem Weg und bastelst selber an einem Foto der Milchstraße :).
Have fun
Horst
Genau das habe ich heute Nacht getan! Artikel und Fotos sind in Arbeit. Danke für die Inspiration!!
Lg Michael
Servus Michael!
Es freut mich wirklich sehr, dass ich dich mit der Artikelreihe inspirieren konnte! Ich bin schon sehr gespannt auf deine Fotos und den Artikel! Mein Teil 4 zum Thema Bearbeitung folgt auch bald.
Have fun
Horst