Zuletzt aktualisiert am 13. Februar 2021 um 9:41
Was ist Lichtverschmutzung und wie findest du den idealen Aufnahmeort zum Fotografieren der Milchstraße? Nachdem wir uns im ersten Teil dieser Artikelreihe mit der notwendigen Ausrüstung, im zweiten Teil mit der Lokalisierung der Milchstraße beschäftigt und uns Gedanken zur Belichtung gemacht haben, suchen wir nun als nun den besten Aufnahmeort. Denn auch das „Rundherum“ muss stimmen – Stichwort Bildkomposition.
Inhalt
Lichtverschmutzung
Lichtverschmutzung – das ist irgendwie ein komisches Wort. Wie kann Licht schmutzig sein? Im Rahmen der Astrofotografie ist das allerdings sehr einfach erklärt: es ist jenes ungewollte Licht, welches den Himmel zum Leuchten bringt und manche Sterne damit förmlich verschluckt. Je nach Lichtverhältnissen in einem grau-gelblichen bis rötlichen Schimmer.
Straßenbeleuchtung & Co
Wenn Straßenbeleuchtungen oder Fassadenbeleuchtungen Licht in Richtung Himmel strahlen und damit aufhellen, so ist das in der Regel sehr störend, wenn man Sterne oder die Milchstraße fotografieren will. Denn Sterne leuchten sehr schwach. Deshalb muss man sehr lange belichten, was heißt, dass auch das „verschmutzte Licht“ auf diesen Fotos sehr gut als graugelber Schleier sichtbar wird.
Obiges Bild habe ich im Rahmen erster Testbilder vom hauseigenen Balkon aus aufgenommen. Auch wenn ich in einer ländlichen Gegend wohne und es eigentlich hier schon recht dunkel sein sollte, beweist obiges Bild, dass dem gar nicht so ist. Links unten die Beleuchtung eines Schildes eines Unternehmers, rechts oben das helle Leuchten von der Stadt Salzburg, welche ca. 8 km Luftlinie entfernt liegt.
Um also Sterne möglichst ohne lästiges Hintergrundlicht ablichten zu können, sollten wir uns an einen Ort begeben, wo es so dunkel als möglich ist. Also weg aus den Ballungszentren oder in der Nacht stark beleuchteten Objekten. Raus aufs Land! Um einen möglichst guten Ort zu finden, ist die Light Pollution Map sehr hilfreich, welche in einer Karte den Grad der Lichtverschmutzung anzeigt.
Wenn du in Deutschland wohnen solltest – evtl. hast du ja das Glück, in der Nähe eines Sternenparks zu leben. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass die Lichtverschmutzung dort sehr gering ist. Eine Liste findest du auf den Seiten der Dark Sky – Initiative gegen Lichtverschmutzung.
Der Mond
Der Mond zählt für Milchstraßenfotografen ebenfalls zu den Schmutzfinken, was das Licht anbelangt. Deshalb sollte man sich nicht über einen hellen Mond freuen, der einem in der Dunkelheit den Weg weist. Nein, man sollte ihn sogar meiden! Der Neumond ist dein Freund. Auch hier kann Stellarium helfen, auf welches ich im zweiten Teil der Milchstraßen Artikelserie schon näher eingegangen bin. Oder aber eine von vielen Smartphone-Apps, die die Mondphasen anzeigen. Zur Not sogar so ein Kalender, wie man ihn früher einmal hatte. So einen aus Papier. Oder eine Webseite mit unter anderem den Mondphasen.
Der Neumond zeigt sich (bzw. zeigt sich nicht) in Salzburg im Jahr 2021 zu folgenden Terminen: 13.1, 11.2, 13.3, 12.4, 11.5, 10.6, 10.7, 8.8, 7.9, 6.10, 4.11, 4.12. Anhand obiger Webseite zu den Mondphasen kannst du natürlich auch für deinen Ort bzw. die folgenden Jahre jederzeit den Zeitpunkt des Neumondes bestimmen.
Du kannst den Mond auch zu deinen Gunsten verwenden, denn er kann die Landschaft im Vordergrund aufhellen und auch für rauschärmere Bilder sorgen. Hier gilt: gut darauf achten, wo sich der Mond genau befindet. Idealerweise natürlich im Rücken, wenn du in Richtung Milchstraße schaust. Probieren geht übers studieren!
Die „tiefe“ Nacht
Wenn die Sonne langsam unterhalb des Horizonts verschwindet, unterscheidet man zwischen drei verschiedenen Dämmerungsphasen (Quelle: Wikipedia).
- Bürgerliche Dämmerung – Lesen im Freien möglich (Tiefenwinkel bis 6 Grad)
- Nautische Dämmerung – Horizont noch erkennbar und schon einige Sterne sichtbar (Tiefenwinkel bis 12 Grad)
- Astronomische Dämmerung – bis zur maximalen Dunkelheit tiefer Nacht (Tiefenwinkel bis 18 Grad)
Schuld daran ist die Atmosphäre, die das Licht der Sonne bricht. Von einem völlig schwarzen Nachthimmel (tiefe Nacht) spricht man erst, wenn sich die Sonne 18 Grad unterhalb des Horizonts befindet. In Äquatornähe erreicht man diese Phase am schnellsten, nämlich nach 70 Minuten, bei 50 Grad nördlicher Breite (grob gesagt Mitteleuropa) sind es schon 120 Minuten.
Auf allen Breitengraden größer als 48,561° (48° 33’ 40”) gibt es im Sommer Nächte, in denen die astronomische Dämmerung nicht beendet wird, weil die Sonne während der ganzen Nacht weniger als 18 Grad unter dem wahren Horizont steht. Die tiefe Nacht wird also hier teilweise nicht mehr erreicht.
Für das Fotografieren der Milchstraße ist die tiefe Nacht natürlich der beste Zeitpunkt, da hier der beste Kontrast zu den Sternen herrscht. Auf der Webseite „Sonnenstand“ kann man die Zeiten für einen bestimmten Standort berechnen. Ich habe das für Salzburg für alle 12 Monate getan und in einer Tabelle zusammengefasst.
Lange wach bleiben oder früh aufstehen?
Weiters habe ich mir näher angesehen, für welchen Zeitraum es besser wäre, am frühen Abend loszuziehen oder am frühen Morgen. Unter Berücksichtigung, wann mehr vom attraktiven Zentrum der Milchstraße zu sehen ist. Zusammengefasst: April und Mai früh aufstehen, Milchstraße Zentrum südlich. Juni egal. Juli und August lange wach bleiben, Milchstraße Zentrum ebenfalls südlich.
Das Wetter
Idealerweise wolkenlos! Auch wenn Wolken interessante Bilder ergeben können, so bleiben sie doch unberechenbar und überdecken im schlimmsten Fall ausgerechnet den interessantesten Teil (das Zentrum) der Milchstraße. Wer einfach nur ein Bild mit vielen Sternen haben will und die Milchstraße quasi nur als Tüpfelchen auf dem i sieht, der kann auch bei nicht ganz wolkenfreiem Himmel losziehen.
Auch noch wichtig: eine möglichst niedrige Luftfeuchtigkeit. Wenn schon am Tag der Himmel eher diesig ist bzw. eine schlechte Fernsicht herrscht, ist auch in der Nacht kein allzu klarer Himmel zu erwarten.
Der richtige Aufnahmeort
Lichtverschmutzung – ein echtes Problem
Die Wahl des richtigen Aufnahmeortes ist nur auf den ersten Blick einfach. Mit Hilfe der oben erwähnten Light Pollution Map kannst du einen Ort mit wenig Lichtverschmutzung finden. Doch selbst wenn du anhand dieser Karte einen geeigneten Ort gefunden zu haben glaubst, so kann trotzdem das ein oder andere Licht eines Hauses die Aufnahme stören (siehe Bild am Anfang dieses Artikels).
Nächste Herausforderung – Bildkomposition
Wenn du auch noch Wert auf eine gute Bildkomposition legst (ja, das solltest du), wird es noch ein wenig schwieriger. Ich will mich auf jeden Fall schon im Vorfeld bei Tag und bei Tag nach geeigneten Orten umsehen, um einen möglichst guten Standort ausfindig zu machen, der auch von der Bildkomposition etwas zu bieten hat. Und das ist wirklich nicht so einfach, wenn man nicht allzu weit zum Aufnahmeort fahren will.
Du solltest zu dem Zeitpunkt auch schon ziemlich genau wissen, in welcher Richtung die Milchstraße zu erwarten ist. Sollte dir das alles zu mühsam sein, so ist das auch nicht so tragisch. Im schlimmsten Fall musst du dann eben einfach in der Nacht flexibel genug sein, um deinen Standort zu wechseln. Aber eine gute Vorbereitung kann in der Nacht schon sehr viel Zeit und evtl. auch Frust ersparen.
Der ideale Aufnahmeort – Equipment schleppen?
Und vergiss nicht: du schleppst ein (evtl. schweres) Stativ mit und willst nicht unbedingt erst eine Stunde oder mehr zu Fuß marschieren, um den gewählten Ort zu erreichen. Klar wäre eine Aufnahme von einem Berggipfel cool, aber in der Nacht mit Stirnlampe so weit zu gehen, ist auch nicht ungefährlich.
Ein hoher Aufnahmeort hat allerdings den Vorteil, dass man einen klareren Blick zum Himmel bekommt. Alles hat seinen Preis.
Vielen Dank an dieser Stelle an Nicholas Roemmelt, dass ich sein Bild im Rahmen dieser Artikelserie verwenden darf!
Für mich ist das eines dieser Bilder, die mir die Kinnlade nach unten fallen lässt! Atemberaubend! Ein Besuch der Webseite von Nicholas ist auch mehr als empfehlenswert: Dr. Nicholas Roemmelt Photography. Nicholas hat übrigens kürzlich einen neuen, hervorragenden Bildband herausgegeben, der auch bei Amazon erhältlich ist.
- Roemmelt, Nicholas (Autor)
Letzte Aktualisierung 2024-11-04 / Affiliate Links / Bilder Amazon Product Advertising API
Packliste
Es braucht so einiges, um eine Reise ins All zu unternehmen (unter anderem ein Handtuch).
Damit du nichts vergisst – hier die ultimative Packliste:
- Kamera (z.B. Canon EOS 700D SLR-Digitalkamera Werbung mit APS-C wie im Artikel verwendet)
- Weitwinkel-Objektiv(e) (z.B. Canon EF-S 10-18mm 1:4.5-5.6 Werbung, Samyang 16mm F2.0 Werbung oder Walimex Pro 8mm 1:3,5 DSLR Fish-Eye II Werbung)
- Objektivheizung (zum Beispiel erhältlich beim Astroshop)
- Power Bank zur Stromversorgung der Objektivheizung
- Stativ z.B. Hama Fotostativ, Belastbarkeit bis 4 kg Werbung
- evtl. Mini-Wasserwaage für Blitzschuh (hilfreich beim Ausrichten in der Nacht)
- Fernauslöser (sehr ratsam) z.B. Programmierbarer Timer Fernauslöser Canon Werbung
- Ersatz Akkus z.B. TOP-MAX® 2x LP-E8 Akku + Dual Ladegerät Canon LP-E8 Werbung
- etwas zum reinigen des Objektives (ich schwöre auf die Hama Foto Reinigungsset 3-teilig Werbung)
- Warme Kleidung (optional, dem Wetter angepasst)
- Gutes Schuhwerk (sehr ratsam, Boden ist in der Nacht oft feucht)
- Drehbare Himmelskarte Werbung (von Oculum) oder Smartphone mit App (optional)
- Taschenlampe oder Stirnlampe (mit rotem Licht) z.B. LiteXpress X-Tactical 104 LED-Taschenlampe Werbung
- ein Handtuch (sehr ratsam)
Alle Artikel zum Thema Milchstraße fotografieren
- Die Ausrüstung
- Milchstraße lokalisieren und Belichtung
- Lichtverschmutzung und idealer Aufnahmeort (dieser Artikel)
- Bilder schießen und Nachbearbeitung, das beste aus den Bildern holen
- Nachbearbeitung Leitfaden
Testbilder
Im Rahmen dieser Artikelreihe entstehen auch immer wieder einmal Testbilder. Diese werde ich regelmäßig zeigen und über meine Erkenntnisse dazu schreiben.
- Erste Testbilder und Erkenntnisse
Unter anderem lokalisieren der Milchstraße, Lichtverschmutzung einschätzen, Kamera in der Dunkelheit bedienen, Sternspuren und Test 2er Objektive
Im nächsten und letzten Teil wird es ernst – wir stanzen erste Bilder aus dem Nachthimmel!
Wie weit bist du mit deinen Vorbereitungen? Wann geht es bei dir los? Oder willst du einfach nur zusehen?
Vielen Dank für den informativen Bericht!
Ich warte immer noch auf meine erste Gelegenheit ein Photo der Milchstrasse „mit nach Hause“ nehmen zu können. Bei mir in den Niedelanden habe ich leider keine Chance auf einen ausreichend dunklen Himmel. Jetzt bin ich bald zum Urlaub in der Schweiz und habe mir schon ein paar geeignete Stellen herausgesucht die ein schönes Motiv abgeben würden. Das Problem ist leider, dass der Mond Mitte/Ende August in einem Teil der Milchstrasse liegt.
Ich würde daher gerne von jemandem mit Erfahrung wissen, ob ich – mit meiner APS-C „Normalausrütung“ – eine Chance habe zumindest einen Teil der Milchstrasse aufs Photo bekommen zu können, ab dem Moment, dass der Mond unterhalb des Horizonts verschwindet.
Überstrahlt er vermutlich auch wenn er nicht mehr direkt sichtbar ist noch die Milchstrasse über sein Streulicht oder könnte es einen Versuch wert sein?
Würde mich freuen die Einschätzung dazu von einem Fachmann zu bekommen :)
Vielen Dank bereits und Grüsse von der Küste,
Jens
Servus Jens!
Vielen Dank für deine sehr nette Rückmeldung!
APS-C reicht in jedem Fall aus – meine Bilder sind ja allesamt mit einem APS-C Sensor entstanden.
In Bezug auf den Mond: sobald dieser tief genug unter dem Horizont verschwunden ist, kannst du es in jedem Fall probieren mit der Milchstraße! Du kannst das sogar mit dem freien Auge erkennen, wenn es in der Umgebung sonst dunkel genug ist. Siehst du die Milchstraße, dann „sieht“ sie auch die Kamera :-) .
Wünsche dir viel Erfolg und bin gespannt, ob es klappt! Über eine Rückmeldung würde ich mich freuen.
Have fun
Horst
Vielen Dank für die schnelle Rückmeldung Horst!
Dann hoffe ich mal auf klare Nächte und wer weiß, vielleicht habe ich Glück. Ich sollte meine Urlaube in Zukunft besser nach dem Mond planen ;-)
Ich lasse Dich wissen wie erfolgreich es gegangen ist :)
Gruß,
Jens
Gern geschehen!
Und ja, Astrofotografen planen in der Tat ihre Urlaubsziele nach Lichtverschmutzung und Mond :-).
Bin auf das Ergebnis gespannt!
Have fun
Horst
In der Schweiz hatte ich leider durch Wolken und ungünstigen Mond kein rechtes Glück. Aber vorher in Oberstdorf sind mir doch meine zwei ersten brauchbaren Versuche gelungen, auch Dank Deiner Nachbearbeitungstipps :)
An einem schöneren Vordergrund muss ich noch arbeiten, aber technisch gesehen geht’s soweit schonmal prima!
Macht Lust auf den nächsten Urlaub…
https://www.eyeem.com/p/127454861
https://www.eyeem.com/p/127454859
Servus Jens!
Na deine Bilder sind doch spitze geworden! Ich finde auch den Vordergrund nicht schlecht!
Und es freut mich natürlich sehr, dass du meinen Beitrag als hilfreich empfunden hast.
Have fun
Horst
Hervorragender Bericht und vielen Dank für die Verlinkung !
LG
Nicholas
Servus Nicholas!
Von einem Profi wie dir Lob zu bekommen, freut mich wirklich sehr! Noch einmal herzlichen Dank dafür, dass ich eines deiner genialen Bilder verwenden durfte!
Dein neues Buch habe ich übrigens noch gestern Abend bestellt. Es hat mich zu sehr in den Fingern gejuckt :) . Ich freue mich schon darauf!
Have fun
Horst